Die Waldfrau
Die Waldfrau

Die Waldfrau in Märchen, Legenden und Gedichten

Zahlreiche Märchen, Legenden und Sagen ranken sich um die Waldfrau. Es gibt schöne und schaurige Geschichten, lustige und traurige. Doch meist ist ihnen gemeinsam, dass die Frau, die allein oder gemeinsam mit anderen Frauen im Wald lebt, eine etwas unheimliche, nicht zu fassende Aura umgibt. In der Regel besitzt sie ein tiefes Wissen um den Wald und seine Bewohner, ist Kräuterkundig und oft ein Segen für verirrte Wanderer. Doch gibt es auch Darstellungen als Männer-Verführerin oder gar -Zerstörerin.

 

Hudra

 

Waldfrauen, in Norwegen Huldras genannt, sind unheimliche Wesen, die zwar von Vorne aussehen wie ganz normale, wunderschöne Frauen, aber von hinten wie ein alter Baum. Manche von ihnen haben auch Fuchs- oder Kuhschwänze. Sie lauern unbedarften Waldarbeitern und Wanderern auf, um sie mit einem Lied zu verführen, sich zu paaren und den Leidigen zu verspeisen.

Gana

Im Mittagstal, das sich von Colfosco aus weit in den Sellastock hineinfrisst, lebte früher eine Gana. Gana ist der Name den die ladinische Bevölkerung den wilden Waldfrauen gaben. Nur Hirten und Bergsteiger, die bis zum Pisciadù oder zur Boè Spitze hinaufkletterten, hatten sie gesehen. Im Herbst, wenn der erste Schnee die Bergspitzen umhüllte und Reif und Eis Wald und Feld bedeckten, stieg die Gana ins Tal hinunter und kehrte im Hof von Pecëi ein, wo sie den ganzen Winter verweilte. Der Bauernsohn verliebte sich bald in die hübsche junge Frau und bat um ihre Hand. Die Gana stimmte zur Hochzeit zu unter der Bedingung, dass sie der Bauer nie mit dem Handrücken berühren sollte. Dem verliebten Mann fiel es nicht schwer sich an die Abmachung zu halten. Sie schenkten einer großen Kinderschar das Leben. Die Gana war eine perfekte Hausfrau, eine liebevolle Mutter und Gefährtin. Im Dorf war sie beliebt und manch einer beneidete den Jungbauern um seine wundervolle Frau. Eines Abends badete die Gana den Jüngsten, aber eine tückische Mücke umschwirrte ihr Gesicht. Um den Kleinen nicht fallen zu lassen, bat sie ihren Mann die Mücke zu entfernen. Dieser achtete nicht auf die Bewegung und entfernte die Mücke mit dem Handrücken. Die schöne Gana erblasste, stieß einen bitteren Schrei von sich und verschwand spurlos. Das herzerreißende Geheule der Kinder, der verzweifelte Ruf des Mannes alles verstummte und verwandelte in tiefe Trauer. Es blieb nur die Erinnerung an die schöne und liebevolle Gana.

Baba Jaga

Baba Jaga ist eine Gestalt der slawischen Mythologie. Den Ursprung von Baba Jaga  sehen Mythenforscher in der slawischen Waldfrau, die zwar nicht zwangsläufig alt oder böse, aber unberechenbar und gefährlich ist. Durch die Christianisierung wurde Baba Jaga und ihre Rolle in überlieferten Geschichten wahrscheinlich abgewertet, ihr vorher wohl anderes Bild näherte sich der bösen Hexe an und verschmolz teilweise damit. Das Sichtbild bezog sich mehr auf den europäischen Begriff “Hexe” (Krautfrau, Heilerin mit Zauberkräften). In dieser Sichtweise taucht sie auch in den meisten von den Sammlern im 19. Jahrhundert festgehaltenen Märchen auf, als durchweg bösartige Gestalt.
Der Glaube an die Existenz von Hexen reicht sehr weit in die Vergangenheit zurück. Frühzeitliche Hexen waren mit Dämonen gleichgesetzt. Eine Hexe war also kein Mensch, sondern ein böses todbringendes Wesen, das in einer menschlichen Gestalt – meist einer Frau – erscheinen konnte und dadurch nur schwer zu enttarnen war.
In den Glaubensvorstellungen der alten Slawen war damit auch die Überzeugung von der Fähigkeit und Kraft zur Zauberei verbunden. Damit war für die Zeitgenossen auch die Möglichkeit selbstverständlich, mittels Zauberei Schaden an Mensch und Tier zu stiften.

In der Mythologie wird Baba Jaga als ein hässliches altes Weib beschrieben, das allerdings nicht so gefährlich ist, wie es aussieht.
Baba Jaga führt ein zurückgezogenes Leben im Waldesdickicht und unternimmt nur sehr selten Ausflüge in einem Mörser mit einem Besen in der Hand. Den Besen benutzt Baba Jaga zum Verwischen der Spuren, damit niemand weiß woher sie kommt und wohin sie fliegt.
Baba Jaga wohnt in einem sehr merkwürdig konstruierten Haus, denn es steht auf Hühnerbeinen und kann sich auf Befehl der Hexe in verschiedene Richtungen drehen.
Entdeckt ein Wanderer im Wald zufällig das Haus der Hexe, dann kann Baba Jaga es entweder mit der Tür zum Wanderer drehen lassen oder sie dreht es von ihm weg.
Da Baba Jaga sehr launisch ist, bleibt es unvorhersagbar, was den Wanderer erwartet. Er kann im besten Fall herzlich zum Abendbrot eingeladen werden und im schlimmsten Fall kann er auch selbst zum Abendbrot von Baba Jaga werden.

Die Ballade von der Waldfrau

Die Waldfrau schaut spähend zum Fenster hinaus:
"Wird niemand zum Forst sich denn wagen,
Durch Regenfluten und Wettergebraus,
Die Zukunft bei mir zu erfragen?"
Und pfeifend der Sturm, reißt die Thüre auf,
Und ein Ritter erscheint auf der Schwelle
Und trägt seiner Schönheit siegenden Glanz
In des spärlichen Lichtleins Welle:
„He, Alte, he, — heran geschwind,
Du sollst nur heute sagen,
Wo ich das blinde, lächelnde Glück
Am schnellsten könnte erjagen,
Ob zürnend es gar vorbei mir fliegt
Auf stolzem Siegeswagen?
Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit sollst
Du, Alte, mir jetzt sagen."
Die Waldfrau sieht in's Feuer still:
"Ich brauch' deine Hand nicht zu sehen,
Es wird um deine Stirne einst
Des Glückes Fittig wehen.
Doch hör', das Glück von ungefähr
Nicht kommt in deine Hände;
Je heißer der Kampf, je süßer der Lohn,
Je grüner der Lorbeer am Ende."
"Hab' Dank, hab' Dank, du Alte mein"!
— Es klirren die gold'nen stücke —
"Jetzt bin ich gefeit, unverwundbar gemacht
Gegen Schicksals heimliche Tücke.
Nun brauset, ihr Wetter, nun ziehet heran,
Ihr feindlichen, grimmigen Mächte!
Bestrahlt von des Glückes fern glänzendem Schein
Gegen Erde und Himmel ich fechte". —
- - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - -
Es braust der Sturm, es zuckt der Blitz,
Im Walde zersplittern die Bäume.
Wie gingen so schnell die Jahre hin
Wie kurze Sommerträume. —
Die Waldfrau schaut spähend zum Fenster hinaus
"Wird niemand zum Forste sich wagen,
Durch Regenfluten und Wettergebraus
Die Zukunft bei mir zu erfragen?"
Da reißt der Sturm die Thüre auf:
Der Ritter erscheint auf der Schwelle
Und trägt seines Alters silbernen Schein
In des spärlichen Lichtleins Helle.-
"Betrügerin du," so herrscht er sie an,
"Ich komme, an dir mich zu rächen;
Wie konntest du denn — 's ist so lange schon —
Das Glück mir, das holde, versprechen?
Ich habe geschwungen an fünfzig Jahr
Wohl muthig das Schwert und den Degen,
Doch das edelste wild, das schimmernde Glück,
Ich könnt' es nicht erlegen.
Durch Wüstensand, auf wildem Meer
Bin ich ihm nachgezogen;
Doch stets, wenn ich glaubte, ich hätt' es berührt,
So war es davon geflogen!
Ich grub nach ihm bei des Mondes Licht
Auf schneeigen Bergeszinnen,
Doch den Schatz, den ich mir ergraben wollt',
Ihn konnte ich nicht gewinnen. —
Ich klomm empor den schwindelndsten Pfad
Nach der Wunderblume, der blauen,
Doch könnt' ich dein Glück nicht ein einziges Mal
In's blendende Antlitz schauen.
Mit wunder Seele, mit wundem Fuß,
So folgte ich seinen Spuren,
Doch fand ich es nicht an dem fernen Strand
Und nicht in der Heimat Fluren. —
Drum, Elende du, nun mach dich bereit,
Den Todesstreich zu empfangen:
Du hast mich getrieben von Kampf zu Kampf
In der Hoffnung, das Glück zu erlangen —
Und mit leeren Händen nun steh' ich da,
Als Schmuck nur die schneeigen Haare,
Mit dem einzigen Schatz, den gewonnen ich hab',
Die Fülle der lastenden Jahre. —
Doch eines noch sag' mir, du Alte du,
Wie hast du es können wagen,
Statt des ernsten, wahren, heiligen Wort's
Mir die gleißende Lüge zu sagen?"
Ein Lächeln der Waldfrau Mund umspielt:
"Die Wahrheit könnt' ich dir sagen;
Doch sprich, stolzer Ritter - - wie hättest du dann
Das Leben wollen ertragen?"

 

 

Marie Itzerott
Aus der Sammlung Lyrisch-Epische Dichtungen

Gedicht "Die Waldfrau" von Mathilde Raven

Die Waldfrau

Im grünen Wald, wo die Quelle springt,
Wo blühet die wilde Rose,
Wo die Drossel schlägt und die Nachtigall singt,
Wo das Reh durch Schlehdorn und Epheu dringt,
Da ruht ein Knab' auf dem Moose.

Aus der Bäume dunkelm Schatten kommt
Die Waldfrau singend gegangen.
Ihr Aug' ist blau wie der Himmel und klar,
Braun wie das Moos ist ihr lockiges Haar,
Das spielt um Schläfen und Wangen.

Ihr Athem ist würzig wie Veilchenduft,
Wie die Ros' ihre Lippe blühet,
Wie Schlehdornblüthe ist weiß ihre Hand,
Maigrün und golden ist ihr Gewand,
Wie das Laub, das im Sonnenlicht glühet.

Sie sieht den träumenden Knaben. Sie neigt
Süß schmeichelnd zu ihm sich nieder.
Seine Wange berührt ihr duftendes Haar,
Es spiegelt ihr Auge, tiefblau und klar,
Sein trotziges Angesicht wider.

Sie flüstert: Bleib bei mir, bleib bei mir im Wald!
Sieh! Alles sei dein, was ich habe:
Waldkräuter und Bäume und Vögel und Wild,
Der Bach, der rieselnd zu Füßen mir quillt,
Und die Blumen, nimm Alles zur Gabe!

Meine Liebe, sie soll, herzliebster Knab,
Dich glücklich und selig machen.
Ich schläfre mit lieblichen Märchen dich ein,
Mein Lied soll beim dämmernden Mondenschein
Dir tönen zum frohen Erwachen.

Ich mag deine Blumen und Märchen nicht,
Dein Lied, es weckt nicht zur Freude.
Zu bleich und zu trüb ist dein Angesicht,
Dein grünes Gewand, es ist mir zu schlicht,
Dich schmückt ja nicht Perl' noch Geschmeide!

So sprechend enteilt er. - Der Wald ertönt
Von der Waldfrau Weinen und Klagen,
Die Bäume schütteln die Häupter stumm,
Es singen die Vögel: Kehr um, kehr um!
Sein Herz fühlt der Knabe schlagen.

Die Blumen sehen mit Thränen ihn an,
Seine Seele wird trüber und trüber.
Es weitet und lichtet sich vor ihm der Wald,
Und ferne das Klagen und Singen verhallt.
Seine Augen sie fließen ihm über.

Grell scheint ihm die Sonne in's Angesicht.
Da kann er es nicht mehr ertragen.
Er stürzet zurück in die Waldesnacht
Wo die Quelle springt, wo die Blume lacht,
Wo die Drossel und Nachtigall schlagen.

Wo die Waldfrau wohnt mit dem blauen Aug,
Mit dem rosenrothen Munde,
Mit den süßen Märchen, mit ihrem Lied,
Mit ihrer Liebe, die lieblich blüht,
Wie die Lilie im kühlen Grunde.

Er ruft ihren Namen in's grüne Gezweig:
Es tönt keine Antwort ihm wider.
Sein Auge sieht nicht mehr ihr grünes Gewand,
Ihm winket nicht mehr die schneeweiße Hand,
Nicht wallt mehr ihr Haar auf ihn nieder.

Sie ist verschwunden. Die Zweige durchläuft
Ein Murmeln, unwillig und traurig,
Die Vögel seufzen, die Blumen steh'n
Gesenkten Hauptes, die Baumwipfel weh'n
Im Wirbelwind wild und schaurig.

 

Alles atmet die selbe Luft - der Baum, das Tier, der Mensch

 

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© Martina Hera Fuchs